Nachdem
1. Vorstand, Dusan Zampach, die Referenten und die Gäste aus dem Labertal
begrüßt hatte, stellte er das Programm des 5. Winterberger Ökogespräches
vor und lud die Teilnehmer am Nachmittag zu einer interessanten Exkursion
nach Rokyta (Infozentrum mit geologischer Ausstellung) und zum
Wasserkraftwerk Vydra ein, in dem eine Ausstellung zum Thema "Energie im
Böhmerwald" gezeigt wird. Es bot sich auch die Gelegenheit einen
Waldspaziergang im betroffenen Gebiet zu machen.
Anfangs referierte Ingenieurin Jarka
Martanova über die Entwicklung des Waldmanagements im Nationalpark Sumava
und legte hier besonderen Wert auf die Entwicklung der
Management-Grundsätze und die Schwachpunkte der politischen Vorgaben.
Ingenieurin Martanova gliederte die Entwicklung in drei Zeiträume und
erläuterte die wichtigsten Entscheidungen. In den Jahren 1989-93, also die
Zeit direkt nach der sanften Revolution, beschränkte sich die
Nationalparkidee auf die Vorgaben des tschech. Naturschutzgesetzes von
1956 und die persönliche Situation des jeweiligen Direktors. Aus den
ehemaligen Naturschutzgebieten (Waldgebiet zwischen Rachel- und
Lusengipfel, Moldauauen und einzelne Kleinstrukturen) entwickelte sich der
Nationalpark Sumava. Die entsprechende Regierungsverordnung legte
lediglich die Aufteilung in die Schutzgebietszonen und die vom Menschen
beeinflußten Bereiche fest. Es waren keinerlei Management-Anweisungen oder
Zielvorgaben zur Waldbewirtschaftung/ bzw. Waldentwicklung vorhanden. Die
personellen Fluktuationen, die Differenzen zwischen Nationalparkverwaltung
und Umweltministerium und das fehlende Einbeziehen der regionalen
Entwicklung in das Nationalparkkonzept waren eine denkbar ungünstige
Startbedingung für den Nationalpark Sumava, so Frau Martanova. Erst 1993
bekam die Nationalparkverwaltung eigene Flächen zugewiesen und 1994, unter
dem mittlerweile dritten Direktor, erteilte das Umweltministerium den
Auftrag ein Zonierungskonzept zu erarbeiten.
Borkenkäferbekämpfung im Nationalpark
Die Jahre 1994 bis 2000 brachten eine Verbesserung der Situation für den
69000 ha großen Nationalpark (davon 56000 ha Staatswald). Die bisher
ausgewiesenen Schutzbereiche (56) wurden auf 135 erhöht, in der gesamten
Fläche jedoch verringert. Erstmalig wurde ein Kriterienkatalog für die
Schutzzonen erstellt: Urwaldgebiete, naturnahe Gebiete mit Potential und
autochthone Bestände bildeten die Gebiete der Zone 1, in der keine
Eingriffe vorgesehen waren. Weiterhin gab es jedoch keinerlei Zielvorgaben
zur Entwicklung der restlichen Gebiete. Somit kam es schnell zu
Diskussionen und Konflikten über das weitere Vorgehen, besonders als die
Borkenkäferkalamität zunahm. Die Eingriffe in der Zone 2 stießen auf große
Kritik, insbesondere als die massive Borkenkäferbekämpfung große Schäden,
vor allem in erosionsgefährdeten Gebieten, hervorrief. Im Jahre 1997 trat
in der Nationalparkverwaltung ein neuer stellvertretender Direktor seinen
Dienst an, dessen persönliche Einstellung eine Ausweitung der
Borkenkäferbekämpfung zur Folge hatte und damit einen erhöhten Druck auf
die Kernzonen bedeutete. Diese Entwicklung rief einen ernsten Konflikt mit
dem Nationalparkrat auf die Tagesordnung, da die hier etablierten
Fachleute am Schutzgedanken der Kernzonen festhalten wollten. Das
Umweltministerium verhielt sich zuerst weitgehend neutral, so daß eine
Empfehlung des Nationalparkrates zur Einstellung der Bekämpfung erfolgte.
Die Einflüsse der Forstlobby hatten aber zur Folge, daß das
Umweltministerium zumindest eine differenzierte Bekämpfung genehmigte,
worauf der Konflikt eskalierte und weitgehend in den Medien ausgetragen
wurde. Die bisherige Konzeption wurde aufgelöst und der Naturschutz nahm
ernsthaften Schaden. Erst 1999 verbesserte sich die Situation durch die
Festschreibung eines Pflege- und Managementplans, der eine dreiteilige
Zonierung (zusätzliche Entwicklungszone) bedeutete. Die Kernzonen wurden
um 6000 ha auf ca 15000 ha erweitert.
Die Jahre 2001-2003 brachten eine erneute Veränderung. Im Rahmen der
Privatisierungsbemühungen wurden große Teile des Staatswaldes an die
betroffenen Gemeinden (Bergreichenstein :4800 ha im zentralen Bereich;
Wallern: 1000 ha in den Moldauauen ) und an Privatbesitzer zurückgegeben.
Waren die Gemeinden schon von Anfang an nicht von der Nationalparkidee
begeistert, so standen dieser jetzt handfeste wirtschaftliche Gründe im
Weg. Der derzeitige Stand ist der, daß in etwa 25% der Kernzonen
differenzierte Eingriffe erlaubt sind und Windbrüche aufgearbeitet werden,
das Holz jedoch im Bestand verbleibt. Lediglich im Bereich Lusen-Rachel
wird keine Bekämpfung durchgeführt. In den neu geschaffenen Zonen 2
(Entwicklungszone) verbleibt 20% der Holzmasse im Bestand.
Abschließend fasste Frau Ingenieurin Martanova wie folgt zusammen: Die
Lage hat sich weiter verkompliziert und verschärft. Der neue
Umweltminister der Regierung Spidla wird neue Aspekte in die Diskussion
bringen und man muß sehen was kommt.
In einer sehr persönlichen Stellungnahme forderte Frau Martanova, daß die
Gemeinden endlich den Nationalpark als "ihren Nationalpark" erkennen
müssen. Es müssen auch für die privatisierten Flächen Managementvorgaben
erstellt werden und die persönlichen Einflüsse aus Politik und Verwaltung
zugunsten eines dauerhaften Konzeptes und fundierten Entwicklungsvisionen
zurückstehen, so Martanova. Der "mediale Krieg" zwischen den einzelnen
Beteiligten muß einer echten Kooperation weichen und die regionalen
Belange müssen in den Entwicklungskonzepten berücksichtigt werden. Die
parteipolitische Ausschlachtung der kontroversen Positionen hatte zur
Folge, dass der Nationalpark an internationalem Ansehen verlor. Die
grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die emotionslose Ergebnissuche und
die Entwicklung von dauerhaften Zielvorgaben sind unumgänglich.
In der anschließenden Diskussion wurde die Forderung laut, daß die
Nationalparkführung endlich eine ökologische Komponente bekommen muß. Nach
reinem Funktionärsgebaren und einer forstwirtschaftlichen Ausrichtung sei
nun ein reines Management vorhanden, resümierte Vorsitzender Klaus Storm.
Er forderte die Gratwanderung zu beenden und endlich der Ökologie die
Rolle zukommen zu lassen, die sie bracht, um den Nationalpark Sumava
(zusammen mit dem Nationalpark Bayerischer Wald) zu dem werden zu lassen,
was er ist - die grüne Mitte Europas.
Das
zweite Referat bestritt Pavel Hubeny, der Leiter des
Landschaftsschutzgebietes rund um den Nationalpark. Herr Hubeny
konzentrierte sich bei seinen Ausführungen auf das Naturschutzgebiet
zwischen dem Schwarzen See und dem Teufelssee, da im sonstigen Bereich des
Landschaftsschutzgebiet seine Behörde lediglich eine beratende Funktion
hat. Das behandelte Gebiet sei insofern interessant, da es bereits 1991
unter dem damaligen Besitzer (v. Hohenzollern) als Schutzgebiet
ausgewiesen wurde, in dem der Zugang beschränkt war und lediglich
vereinzelt Bäume geerntet wurden. Die Jagd war erlaubt, die Aufarbeitung
von Windbrüchen gefordert, doch das anfallende Holz blieb im Bestand. Das
Gebiet hatte auch in den folgenden Jahrzehnten Schutzgebiet und war ab
1948 als Bereich des Grenzstreifens absolut unzugänglich.
Pollenuntersuchungen machen
Waldentwicklung deutlich Wissenschaftliche Pollenuntersuchungen in den
Erdschichten zeichnen ein sehr deutliches Bild der Entwicklung über
mehrere tausend Jahre. So stellte Hubeny die Entwicklung der
Baumartenzusammensetzung an Hand von Schaubildern vor. Deutlich sind die
menschlichen Einflüsse, aber auch
die natürliche Fluktuationen sichtbar. Einschneidend sind die
Entwicklungen der letzten 500 Jahre, in denen sich die
Baumartenzusammensetzung entscheidend änderte:
Waren Buchen und Hainbuchen immer vorherrschend, die Tannen schwankend und
die Fichtenbestände gering, so stieg der Fichtenanteil (ebenso die Hasel)
dramatisch an und die Buchen verschwanden fast ganz.
Dies sind eindeutig die Folgen der Wanderglashütten und die Ergebnisse der
menschlichen Waldbewirtschaftung, so Hubeny. Besonders deutlich wird die
Entwicklung in den letzten Jahrhunderten, die immer besser mit alten
Karten nachzuvollziehen ist. Die ersten Waldkarten stammen aus dem Jahre
1876, wo Kahlschläge, Aufforstungen, aber auch Altbestände zu finden sind.
Ebenso auf Karten aus dem Jahre 1922, auf denen sich die weitere
Entwicklung belegen läßt. Heute arbeitet man mit Luftbildern und so werden
die Waldschäden in den Höhenlagen immer deutlicher - gefolgt von den
zunehmenden Käferflächen. Es nimmt die Baumdichte im Urwaldbereich auch
immer mehr ab, die Anzahl der abgestorbenen Bäume erhöht sich auf über
50%. Dies ist die Folge natürlicher Verdrängungsmechanismen, wenn die
Spitzenphase eines Bestandes überschritten ist. Borkenkäferbefall ist hier
ein natürlicher Faktor zur Waldverjüngung, bestätigt Hubeny. Problematisch
wird die Sache aber bei aufgeforsteten, wenig strukturierten Bereichen (in
Folge der Waldumbaues von Buche auf Fichte durch die Glashütten), wo die
Bestände immer labiler und instabiler werden. Ebenso bergen die
Käferbekämpfungsmaßnahmen ein zusätzliches Risiko. Durch unterschiedliche
Bewirtschaftung der Käferbereiche (z.T. keine Eingriffe aus
organisatorischen Gründen) konnten entsprechende Beobachtungen gemacht
werden. Untersucht wurden Einschläge mit Abtransport, Fällen der Bäume und
Entrinden mit Verbleib des Holzes auf der Flächen und Flächen ohne
Eingriff.
Die Untersuchungen der jeweiligen Käfergebiete brachte ein deutliches
Ergebnis: Borkenkäferbefall reguliert sich nach einigen Jahren in der
Regel von selbst - so die eindeutige Aussage! Lediglich die Eingriffe des
Menschen bringen die Situation außer Kontrolle: So stoppen die Eingriffe
die Kalamität nicht, aber die entstandenen Schäden (Erosion, Wurzelschäden
durch Magnesiumauswaschung) und die Freistellung der Bestandsränder (
durch Ausräumen der sogenannten "Käfernester") bieten Angriffsflächen für
stärkere Winde und führen zu Windbrüchen, die dann die Käferpopulation
explodieren lassen. Die Aufforstung der Kahlflächen brachte die bekannten
Probleme. (Wildverbiss, hoher Pflegeaufwand).
Die anschließende Diskussion drehte sich um die Ursache der zunehmenden
Windbrüche. Hubeny konnte eine erhöhte Sturmbelastung nicht bestätigen - 5
Stürme pro Jahr seien für den Böhmerwald normal, lediglich die geöffneten
Waldbereiche seien wesentlich empfindlicher und bieten extreme
Angriffsflächen, so die Erkenntnisse. Des weiteren ging es um die
Aufforstungen im Nationalparkbereich, wobei in Lagen bis 1300m die
Naturverjüngung mit Fichte, Tanne und Eberesche normal verliefe,
bestätigte Hubeny - es sei aber immer noch üblich, zuzupflanzen.
Ips
typographus- der Buchdrucker
Im weiteren
Verlauf der Tagung befasste sich Beirat Gottfried Aigner mit dem
vermeintlichen Verursacher all dieser Probleme - dem Borkenkäfer Ips
typographus - dem so genannten Buchdrucker. Aigner stellte die Entwicklung
des Buchdruckers, einer von 147 bekannten Borkenkäferarten, vor - von der
Eiablage bis zum fertigen Insekt. Dabei zeigte sich, daß der Käfer auf
geschwächte Bäume angewiesen ist, die wenig Harzdruck (Folge von
physiologischer Schwäche durch Emissionen, Windwurf u.s.w.) haben.
Eigentlich ist der Borkenkäfer, so Aigner, ein natürlicher Bestandteil des
Ökosystems Wald - der zur Waldverjüngung und Aufarbeitung geschwächter und
absterbender Bäume beiträgt. Er verursacht keine Waldschäden - er zeigt
diese lediglich auf. Erschreckend sind für uns die zerstörerischen Aspekte
einer Massenvermehrung, begünstigt durch extreme Bedingungen: große
Windbruchflächen, Trockenheit....Nach neuesten Erkenntnissen, die u.a. in
den Käfergebieten des Nationalparks Bayerischer Wald ermittelt wurden,
steuert sich die Bevölkerungsdichte der Borkenkäfer von selbst. Sind die
geschwächten Bäume optimal vom Käfer besiedelt, wehren Geruchstoffe von
Pilzen, die der Käferbefall mit sich bringt, weitere Käfer ab - eine
optimale Versorgung der Larven wäre sonst gefährdet. Ebenfalls reagiert
die Natur mit geringen Reproduktionszahlen auf hohe Populationsdichte und
einer vermehrten Zunahme der natürlichen Feinde des Borkenkäfers
(Schlupfwespen, Ameisenbuntkäfer,...). Greift der Mensch nun in diese
komplexen Systeme ein, gerechtfertigt oder nicht, so reagiert das
Ökosystem entsprechend. Legt ein Käferweibchen normal 12-15 Eier, so
reduziert sich dies im Befallsverlauf auf 8-10. Bei künstlicher Entnahme
von Käferpopulationen und extremen Futterangebot (durch Windwurf) kann es
sich aber auch schnell auf 60 Eier erhöhen - was hilft es da, einzelne
Fangbäume mit hohem Aufwand und der Gefahr von zusätzlichen Waldschäden
herauszunehmen, fragte der Referent. Dabei reagiert man jedoch nur auf
Symptome - nicht auf die Ursachen der Massenvermehrung, wie Emissionen und
Monokulturen.
Sicherlich
ist das Leiden der Förster und Waldbesitzer im Angesicht sterbender Bäume
und zusammenberechender, vermodernder Wälder auch verständlich, so Aigner
, doch ist es meist ein Problem der menschlichen Psyche, die immer mehr
auf Ertrag und Ergebnis (schlicht auf Geld) fixiert ist und nicht auf das
große Ganze. Je nach Standpunkt, Funktion und persönlicher Ansicht wird
die Borkenkäferproblematik anders bewertet - und die verantwortlichen
Politiker (in ihrem Suchen nach Wählerstimmen) stehen finanziellen
Argumenten oft näher als dem Kreislauf der Natur, gab Aigner zu bedenken
In der anschließenden Diskussionsrunde ging es um die faktische Präsenz
des Borkenkäfers in den Wäldern. Aigner verglich die Borkenkäferpräsenz
mit dem überall vorhandenen Herpesvirus (wer kennt das nicht). Bricht es
einmal aus, dann hat man 7 Tage Bläschen auf der Lippe - oder man ist im
Dauerstress und plagt sich manchmal 6 Monate damit - genauso verhält es
sich mit gesunden und kranken Wäldern und dem Borkenkäfer.
Abschließend
referierte der 1. Vorsitzende der ArGe Naherholung, Klaus Storm, über die
Situation im Nationalpark Bayerischer Wald. Hat der Urwald in Böhmen eine
lange Tradition (z.B. der Urwald des Fürsten Schwarzenberg auf dem Boubin),
so ist in heutiger Zeit die Entwicklung zum Urwald in Bayern eher zu
finden als in Böhmen. Diese Entwicklung lief auch bei uns nicht ohne
Probleme ab. Man denke nur mal an die vielen, z.T. ideologisch geprägten.
Diskussionen im Umfeld des Nationalparks und dessen Erweiterung. Ein
breites Spannungsfeld ist auch heute noch zu finden. Beschäftigt man sich
jedoch mit der tatsächlichen Entwicklung im Nationalpark (so wie die ArGe
Naherholung und der Partnerverein bei der Sommerexkursion 2001) so findet
man von der Aggression und dem ablehnenden Zweifel (beim Anblick des
"sterbenden Waldes") über das suchende Nachfragen zum zunehmenden
Verständnis ( beim Erkennen des "nachwachsenden Waldes"). Am Ende steht
oft die zustimmende, staunende Akzeptanz und die Erkenntnis, dass "Natur
Natur sein lassen" (Leitbild des Nationalparks Bayerischer Wald) eine gute
Alternative sein kann. "Das alleinige Recht der sich selbst entwickelnden
Natur des wilden Waldes" kann und muß ebenso zu unserem Selbstverständnis
gehören, wie die wirtschaftlichen Belange des Nutzwaldes mit all seinen
Erfordernissen. Beides, wilde Natur und Wirtschaftswald, müssen zu unserer
Landschaft gehören - erreichen werden wir dies aber nur mit der Abkehr von
anfälligen Monokulturen mit einer unwirtschaftlichen Waldpflege. Noch
müssen wir die Randlagen des Nationalparks gezielt bewirtschaften, um die
angrenzenden Nutzwälder zu schützen, doch ob diese Philosophie sinnvoll
und erfolgversprechend ist, darüber darf nachgedacht werden, emotionsfrei
und sachlich. Polarisierung und verhärtete Fronten bringen uns dabei nicht
weiter, so Klaus Storm.
Schaut
man auf den Boden, sieht man den zukünftigen Wald
In der
abschließenden Diskussion wurden selbst in dem engen Kreis der
Tagungsteilnehmer die kontroversen Meinungen deutlich.
Die Frage ob sich die Natur selbst helfen kann, stellte sich wie von
selbst. Doch sieht man nicht immer nur in den Himmel - auf die
absterbenden Baumkronen , sondern mehr auf den Boden - auf den
nachwachsenden Wald - wird einem die Beurteilung der
Situation oftmals einfacher. Mit offenen Augen und offenem Geist lernen,
erfahren und erleben - und die Grenzen des menschlichen Handelns erkennen,
dann kann jeder die Nationalparkidee als Alternative akzeptieren.
Exkursion
Nach
einem gemeinsamen Mittagessen besuchte man anlässlich des Ökogespräches
das Nationalpark-Infozentrum Rokyta. Die Ausstellung hier befasst
sich mit dem Schwarzenberger Schwemmkanal, und damit mit der Holzernte und
der daraus resultierenden Situation heute. Neben der genannten Ausstellung
befindet sich in Rokyta auch eine geologische Exposition, in der die
verschiedensten Gesteinsarten des Böhmerwaldes vorgestellt werden.
Anschließend ging
es zum Vydra-Kraftwerk, in dem eine interessante Ausstellung über die
Energiegewinnung im Böhmerwald stattfindet, und dem kleinen Kraftwerk
Vinzenzsäge. Viele Wasserkraftwerke im Böhmerwald entstanden in den 30er
Jahren des letzten Jahrhunderts, basierend auf dem Kanalsystem des
Ingenieurs Josef Rosenauer Ende des 18. Jahrhunderts. So ist dieser
Arbeit, neben den technischen Entwicklungen und den imposanten
Investitionen, ein Großteil der Ausstellung gewidmet. Als historisches
Industriedenkmal ist das Kraftwerk Vinzenzsäge ein lohnendes Ziel, denn es
arbeitet seit 84 Jahren fast unverändert.
Waldspaziergang bei Popelna
Immer
wieder ist der Wald bei Popelna ein lohnendes Ausflugsziel. Nicht nur weil
auf dem Bergrücken ein keltisches Opidum zu finden ist, sondern wegen
seiner berauschenden Aussicht, u.a. auf die Burg Karlsberg. Auf dem Weg
zum Opidum durchschreitet man die verschiedensten Waldregionen. Am Fuß des
Hügels, bei Popelna, ist der Wald offensichtlich noch in Ordnung. Gesundes
Grün und dichte Kronen. Auf dem Weg nach oben, ändert sich das Bild
jedoch sehr schnell. Als erstes fallen die vielen Zweige auf dem Boden
auf- wohin man sieht abgebrochne Zweige, mit nur noch grünen Spitzen und
kranken Nadeljahrgängen schon im 2. Triebabschnitt. Besonders die
Tannenzweige sind auffallend – braun und zerfressen, wie vom Streusalz.
Dann die ersten dürren Bäume, kleinere und dann immer stärker werdend –
aber noch in akzeptabler Anzahl. Auffallend sind auch die Tausende von
Fichten- und Tannenzapfen auf dem Boden. Alles zusammen ein Zeichen, dass
der Wald krank ist. Lichte Baumkronen, absterbende Nadeljahrgänge und ein
Übermaß an Samenbildung. Nähert man sich dem Gipfelbereich, wird der Wald
schnell dünner, erste gefallene Bäume, aufgerissene Wurzelteller . Und
überall wo Licht hinkommt und der Boden bereitet – diesmal Tausende von
jungen Fichten nur wenige Zentimeter groß- aber dicht wie Moos. Plötzlich
ändert sich alles – Steine (wie auf dem Lusen), Ebereschen und Fichten,
fast 2 Meter hoch, aber dicht und dann öffnet sich der Bestand und die
silbergrauen Baumleichen glänzen in der Sonne. Der Blick richtet sich
unweigerlich in den Himmel- zu den abgestorbenen Wipfeln. Man kann den
Schmerz der Förster und Waldbesitzer verstehen- aber gleichzeitig wandert
der Blick auf den Boden – wo tatsächlich der junge Wald nachwächst.
Ebereschen, Fichten, einzelne Buchen und Tannen - alle in
unterschiedlichsten Größen und stark und gesund.
Besonders im Verhau der abgebrochenen Wipfel und umgestürzten Bäume wächst
der neue Wald. Mit Ehrfurcht steht man an diesem Platz – mit seiner
Aussicht und dem Wissen über die Gesetze des Waldes. Und dann noch die
mächtigen Steinwälle der Kelten, hier oben auf diesem unwirklichen Buckel.
Doch sie werden schon gewußt haben, warum sie sich hier oben zurückzogen. |